Gabriele Stötzer

Ausgehend von Fotografie und Zeichnung hat Gabriele Stötzer ein eindrucksvolles Werk geschaffen, das neben Performance und Video auch Keramiken und Plastiken umfasst. Medienübergreifend ist der sehr direkte Ausdruck, der unverstellt ihre Beschäftigung mit Identität und Sexualität spiegelt. Darüber hinaus hat Gabriele Stötzer zahlreiche Texte veröffentlicht, die sich mit ihrem Leben und dem isolierten und eingeschränkten Schaffensraum in der DDR beschäftigen. Kürzlich sind, initiiert von Kaspar König, ihre Künstlerbücher von 1982–88 im Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König erschienen. Gabriele Stötzer wurde 1953 in Emleben, Thüringen geboren und lebt und arbeitet in Erfurt. 1977 wurde sie aufgrund der Unterschriftensammlung gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann für ein Jahr wegen Staatsverleumdung inhaftiert. Nach ihrer Entlassung gründete sie die private "Galerie im Flur" und begann, mit performativer Fotografie und Super-8-Filmen zu arbeiten. In den Folgejahren hat sie im Untergrund die Künstlerinnengruppe Erfurt mitbegründet und viele Kunstprojekte initiiert. 

 

Das Archiv von Gabriele Stötzer wird vertreten von der LOOCK Galerie, Berlin in Zusammenarbeit mit Galerie Gisela Clement, Bonn und Galeria Monopol, Warschau. Beratung, Kuratorin und Werkverzeichnis durch Franziska Schmidt, Berlin

Artists

Biografie

Gabriele Stötzer, 1953 in Emleben bei Gotha geboren, studierte Deutsch und Kunsterziehung an der Pädagogischen Hochschule Erfurt, wurde 1976 exmatrikuliert und kam 1977 wegen einer Unterschriftenaktion gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann für ein Jahr in das härteste Frauengefängnis der DDR nach Hoheneck. Nach ihrer Entlassung arbeitete sie auf Bewährung in einer Fabrik, kündigte und leitete bis zu deren Verbot 1981 die private ‚Galerie im Flur‘ in Erfurt. Danach begann Stötzer als unabhängige Künstlerin zu agieren und begann ein vielfältiges Werk an Texten, Gemälden, Fotografien, Zeichnungen, Filmen, Objekten und Performances zu erschaffen. Stötzer war in der Kunst- und Untergrundszene der DDR aktiv, arbeitete an eigenen Ausstellungsprojekten, Veröffentlichungen, initiierte und begründete die ‚Künstlerinnengruppe Erfurt‘, deren Schaffen mehr als zehn Jahre lang Widerständigkeit, „Projektionsfläche wie auch Ort politischer und sozialer Einschreibungen“ darstellte. 1989 gehörte Stötzer zu den Initiatorinnen der Bürgerinneninitiative ‚Frauen für Veränderung‘ und war in Erfurt an der ersten Besetzung einer Zentrale der Staatssicherheit in der DDR beteiligt. 1991 wurde Stötzer rehabilitiert und erhielt nachträglich ihr Hochschuldiplom. Von 1992 bis 1994 war sie Mitbegründerin des Kunsthauses Erfurt, das sie mit aufbaute. Es folgten Vorträge und Workshops in Deutschland und in den USA, diverse Stipendien sowie weitere Auslandsaufenthalte verbunden mit öffentlichen Ausstellungen, Publikationen, Symposien, Arbeitsstipendien, Vortrags- und Lesereisen. Von 2010 bis 2020 war Stötzer Dozentin für Performance an der Universität Erfurt. 2013 wurde Stötzer für ihr politisches und künstlerisches Engagement in der DDR mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Gabriele Stötzer lebt und arbeitet als Künstlerin in Erfurt, Thüringen sowie in Utrecht, Niederlande.

 

Gabriele Stötzer wird außerdem von der LOOCK Galerie, Berlin und Galeria Monopol, Warschau vertreten. Ihr Werk wird wissenschaftlich von Franziska Schmidt, Berlin betreut.

 

1953
Geboren in Emleben, Thüringen
  
1973–1976
Studium Deutsch/Kunsterziehung an der Pädagogischen Hochschule Erfurt

 

1976
Zwangsexmatrikulation nach Solidarisierung mit exmatrikulierten Kommilitonen

 

1977
Strafvollzug im Frauengefängnis Hoheneck „Staatsverleumdung” nach Unterschriftensammlung gegen Wolf Biermanns Ausbürgerung

 

1980–1981
Leitung der privaten „Galerie im Flur” in Erfurt bis zu deren Liquidierung durch die Staatssicherheit

 

ab 1981
performative Fotografie, Super-8-Filme, Veröffentlichung in Untergrundzeitschriften der Prenzlauer Bergszene, Mode-Objektshows

 

1984–1994
Mitbegründung der Künstlerinnengruppe Erfurt

 

1989
Mitinitiatorin Besetzung der Stasi-Bezirksverwaltung Erfurt und Bürgerinneninitiative „Frauen für Veränderung”

 

1990
Rehabilitierung und Nachreichung des Diploms

 

1990–1994
Reisestipendium und Aufenthalt im Schloss Solitude in Stuttgart
Gründung des KUNSTHAUS ERFURT

 

1992/1994
internationale Vortrags- und Lesereisen verbunden mit öffentlichen Ausstellungen, Publikationen, Symposien sowie Arbeitsstipe

 

1994–2004
Aufenthalte in Holland, Veröffentlichung eigener Texte, diverse Beiträge zur künstlerischen Aufarbeitung über die DDR

 

Seit 2010
Dozentin für Performance an der Universität Erfurt

 

2013
Auszeichnung mit Bundesverdienstkreuz für ihr politisches und künstlerisches Engagement in der DDR

 

2020
„Künstlerin in Residence” im Atelierhaus, Schwanenwerder, Berlin

 

2024
Auszeichnung mit dem Pauli-Preis, Bremen
   
Lebt und arbeitet in Lebt in Erfurt
     

 

Einzelausstellungen (Auswahl)
  

2024
GABRIELE STÖTZER. Auslöschung eines Blicks. Ich trage meine Wunden offen, Kunsthaus Erfurt

 

2023
Die Austreibung aus dem Paradies, Galerie Gisela Clement, Bonn
Körpergesten und leibliche Zeichen. Fotografie, Galerie Pankow, Berlin

 

2021
I come from a country that now longer exists, Galeria Monoppol, Warschau
Verführung, LOOCK Galerie, Berlin
Copenhagen Short Film Festival

 

2019
Bewußtes Unvermögen: Das Archiv Gabriele Stötzer, GfZK, Leipzig

 

2017
Das Brennen der Worte im Mund, Galerie Kunstraum KTR, Leipzig

 

2013
Schwingungskurve, Klassikstiftung Weimar
     

 

Gruppenausstellungen (Auswahl)
  

2024
Pauli-Preis, Kunsthalle Bremen
Flucht in die Öffentlichkeit, Prolog zum F/Stop Festival, Leipzig
Unverschämt rebellisch, mit Sanja Iveković und Ulrike Rosenbach, Kunstmuseum Magdeburg, Kloster unser lieben Frauen
Made in Germany? Art and Identity in a Global Nation, Harvard Art Museums/Busch-Reisinger Museum, Cambridge, USA
Multiple Realities: Experimental Art in the Eastern Bloc, 1960s–1980s, Walker Art Center, Minneapolis, USA; Phoenix Art Museum, USA; Vancouver Art Gallery, Kanada

 

2023
Multiple Realities: Experimental Art in the Eastern Bloc, 1960s–1980s, Walker Art Center, Minneapolis, USA
The Sixties Experiment, Harvard Art Museums/Busch-Reisinger Museum, Cambridge, USA
Kochen Putzen Sorgen. Care-Arbeit in der Kunst seit 1960, Josef Albers Museum Quadrat, Bottrop

 

2022
herzwärts wild. Umbrüche 1982–97. Künstlerinnen aus der DDR, BLMK, Cottbus
Restless Bodies. Ostdeutsche Fotografie 1980–89, National Gallery of Art, Vilnius, Littauen
zer brech lich, Brandenburgisches Museum für moderne Kunst, Cottbus
parallel public, Tweed Museum, Minnesota, USA
WIR SIND! Neue Frauenbewegung und feministische Kunst, Frauenmuseum Bonn

 

2021
Hosen haben Röcke an – mit Künstlerinnengruppe Erfurt, ngbk, Berlin
Stich für Stich. Faden um Faden. Textile Bild/Räume, BLMK, Cottbus
Female Sensibility. Feministische Avantgarde aus der Sammlung Verbund, Lentos Kunstmuseum Linz

 

2020
Werk und Fortsetzung, EIGENHEIM Berlin
Poetry & Performance. The Eastern Europe Perspecitve, Contemporary Museum, Wrocław, Polen

 

2019
The Medea Insurrection: Radical Women Artists behind the Iron Curtain, Wende Museum Los Angeles, USA
Restless Bodies. Ostdeutsche Fotografie 1980–89, Rencontres de la Photographie Arles, Frankreich
Die schaffende Galathea. Frauen sehen Frauen, Kunsthalle Talstraße, Halle/Saale

 

2018
Medea muckt auf. Radikale Künstlerinnen hinter dem Eisernen Vorhang“, Staatliche Kunstsammlung Dresden
Artists & Agents, Kunsthalle Zürich, Schweiz
Underground Improvisation, Akademie der Künste Berlin
Gerissene Fäden. Annette Messager und Gabriele Stötzer, BLMK,
Dieselkraftwerk, Cottbus,

 

2016
Gegenstimmen, Martin Gropiusbau, Berlin

 

2015
RE:BELLION//RE:LIGION//RE:FORM, Künstler agieren im Umbruch, Zwickau, Reutlingen

 

2013
Zwischen Ausstieg und Aktion, Kunsthalle Erfurt
Filmausstellung Dresden, Up till now, GfZK Leipzig

 

2012
Abschied von Ikarus, Bildwelten in der DDR-neu gesehen, Neues Museum Weimar

 

2011
Entdeckt! Rebellische Künstlerinnen der DDR, Kunsthalle Mannheim
Trashing Performance, Tate Modern, London

 

2009–2012
re.act.feminism, Wanderausstellung, Künstlerhaus Bethanien, Berlin, Instytut Sztuki Wyspa, Gdansk, Poland, Galerija Miroslav, Kraljević, Zagreb, Croatia, Museet for Samtidskunst, Roskilde, Denmark, Tallinna Kunstihoone, Tallinn, Estonia, Fundació Antoni Tàpies, Barcelona, Spain

 

1997
Boheme und Diktatur in der DDR“ im Deutschen Historischen Museum in Berlin
1990
L'autre Allemagne – das andere Deutschland, La Villette, Paris
     

 

Sammlungen (Auswahl)
   

Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin
Brandenburgisches Museum für moderne Kunst, Cottbus
Deutsches Historisches Museum, Leipzig
Galerie für Zeitgenössische Kunst, Leipzig
Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße, Erfurt
Getty Research Institute, Los Angeles
Harvard Art Museums/Busch-Reisinger, Cambridge
Klassik Stiftung Weimar
Sammlung des Deutschen Bundestages, Berlin
SAMMLUNG VERBUND Wien
Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Städel Museum, Frankfurt am Main
Walker Art Center, Minneapolis
 Zeitgeschichtliches Forum, Leipzig

 

Publikationen (Auswahl)

 

Gabriele Stötzer. Die Künstlerbücher 1982-88, Köln 2023, Verlag Walther und Franz König
Der lange Arm der Stasi, Leipzig 2022, mit Anne König
Rädelsführer: Studentischer Protest in der DDR 1976, Berlin 2018, mit Jochen Vogt 
das brennen der worte im mund, Kyffhäuserland 2017 
De grijze stroom, Utrecht 2012
Das Leben der Mützenlosen, München 2007
Ich bin die Frau von gestern, Frankfurt am Main 2005
Die bröckelnde Festung, München 2002
Erfurter Roulette, München 1995 grenzen los fremd gehen, Berlin 1992 zügel los, München 1990
zügel los. Prosatexte, Berlin/Weimar 1989

Galerie Gisela Clement