Malkörper – reloaded

Peter Stohrer

Im Projektraum 20. Oktober–2. Dezember 2022 Opening 20. Oktober, 18 Uhr

Dienstag, 8. November 2022, 19 Uhr Farbzustände Künstlergespräch mit Peter Tollens und Michael Toenges zu Farbzuständen, Raumzugängen und Berührungspunkten mit dem Werk Peter Stohrers. Moderation Michael Stockhausen, Kunsthistoriker und Kurator Der Künstlerweg von Peter Stohrer (1951-2017) war ein verzweigter, von vielen Begegnungen und Dialogen mit Künstlerkolleg*innen geprägt; als Maler wie Kurator. In seinen Kölner Jahren traf er Ende der 1980er bereits Peter Tollens, das Werk von Michael Toenges schätzte er zeitlebens. Stohrer selbst kam über die Neuen Wilden und den Bühnenraum des Theaters zu einer eigenen, oftmals installativ geprägten Farbmalereiauffassung. Mit Michael Toenges und Peter Tollens diskutiert Michael Stockhausen, Kunsthistoriker und Kenner des Werkes von Peter Stohrer, die verschiedenen Lebenswege, Farbzustände sowie Raumzugänge der jeweiligen Künstler.

Die Galerie Gisela Clement entdeckt das Werk des zu früh verstorbenen Künstlers neu und widmet ihm eine Einzelausstellung im Projektraum. Die intime Werkpräsentation entsteht in engem Dialog mit dem Nachlass Stohrer. Sie möchte ein persönliches Eintauchen in das unbändige Œuvre eines Künstlers ermöglichen, der durch alle Raster dachte, arbeitete und sich bewegte.

Text Michael Stockhausen

Das Werk dieses vielseitig agierenden Künstlers lässt sich kaum in kunsthistorische Raster einordnen. Stets erlaubt es sich Eigenheiten und eine unprätentiöse Qualität des „Mitlebens“. Peter Stohrer (1951–2017) war ein Impulsgeber und Brückenbauer zwischen dem Ruhrgebiet und Rheinland – als Künstler sowie Künstlerkurator. Anfang der 1980er Jahre verließ er das Ruhrgebiet in Richtung Frankfurt und lebte dort nahe des Rotlichtviertels. Im Strich der „Neuen Wilden“ entstanden Großstadtbilder und raum- umspannende Malerei-Environments auf Pappe; roh, direkt, pulsierend. 1984 verlegte Stohrer seinen Lebensmittelpunkt in die dynamische Kunst- und Theaterszene Kölns, arbeitete als freier Künstler wie Bühnenbildner und setzte sich intensiv mit den Möglichkeiten des Raum-Bildes auseinander. Persönliche Umstände führten ihn zurück nach Essen, wo er ab 1993 kuratorische Pionierarbeit leistete. So zeigte er in seinem ersten Kuratorenjahr für das Forum Bildender Künstler offensiv nur Künstlerinnen, lud schon früh Martin Pfeifle, Maik und Dirk Löbbert oder Peter Tollens zu Ausstellungen ein und leitete die Städtische Galerie Schloß Borbeck. Neben seinem vernetzenden Engagement riss – trotz schwerer Erkrankung – die bis zuletzt produktive Zeit im Atelier nie ab.

 

Die Wechsel, Begegnungen und Lebensstationen spiegeln sich in den Arbeiten, die offenporige Zeugnisse eines intensiven Künstlerweges sind. Jenseits medialer Grenzen wandte er sich verschiedenen Ausdrucksweisen und Techniken zu – von Fotorealismus über Pop-Elementen, expressiver Gestik, Farbmalerei, Künstlerbüchern, Copy Art, Mal- körpern, Minimal-Tendenzen bis installativer Malerei. All diese Möglichkeiten ergründete er für sich nicht als Konzeptkünstler, sondern tief von den Materialien berührt, von seinem künstlerischen Umfeld und dem Leben. Aus dem Tun heraus entstand die Kunst und so sind es weniger stilistische Kategorien denn Handlungsweisen, die Stohrers Sprache auszeichnet: collagieren, schichten, rastern, bauen, zusammenbringen – gegenüberstellen, atmen, schmunzeln, wiederholen, ins Unendliche blicken und nie „too perfect“.

 

Die Galerie Gisela Clement entdeckt das Werk des zu früh verstorbenen Künstlers neu und widmet ihm eine Einzelausstellung im Projektraum. Die „Installation 2000“, ein Wände-umspannendes Zusammenkommen unterschiedlicher Malereiobjekte, umfängt die Besuchenden. Sie ist konzeptuelle Farb-/Raumgrammatik, poppig und zugleich eine Reminiszenz an die Anfänge der Konkreten Kunst, beispielsweise das Atelier Piet Mondrians oder die Installationen eines El Lissitzky. In Stohrers Denkraum lassen darüber hinaus seine Künstlerbücher eintreten, die sich durch alle Dekaden des Schaffens ziehen: überarbeitete Boulevard- wie Erotikmagazine, Copy Art-Projekte oder durchgearbeitete Buchvisionen. Pastos schimmernde Farbmalerei, seine bekannten Malkörper, an die Wand getackerte Pappbilder und bisher noch nicht gezeigte Studienexperimente umringen die zentrale Büchersetzung; sie scheinen dem Denken gerade entsprungen. Die intime Werkpräsentation entsteht in engem Dialog mit dem Nachlass Stohrer. Sie möchte ein persönliches Eintauchen in das unbändige Œuvre eines Künstlers ermöglichen, der durch alle Raster dachte, arbeitete und sich bewegte.

 

Text: Michael Stockhausen, Köln

Galerie Gisela Clement